Vergleiche ich in der Rückschau dieses letzte halbe Jahr mit dem Übersee-Teil meiner Reise von vor fünf Jahren, so fallen mir viele Unterschiede auf. Die unglaubliche Freude, die ich beim ersten Mal fast jeden Tag erlebt habe, ist diesmal nicht aufgekommen (das trifft eher mich, vielleicht auch aufgrund meiner ständigen Begleiterkrankung – Peter fand das schon sehr toll). Dennoch haben wir (bis auf wenige Ausnahmen) jeden Tag genossen und deutlich mehr abenteuerliche Dinge unternommen, die mir letztes Mal alleine nicht möglich waren. Es war nur tatsächlich (Achtung, das ist jetzt Jammern auf hohem Niveau!) für mich als Wiederholungstäter schon ein bisschen normaler als beim letzten Mal.
Aber was mir vor allem auffällt, ist diese zerstörerische Art, mit der wir Menschen mit unserer Welt umgehen. In Neuseeland gehört es zur großen Freiheit, mit dem Auto überall hinzufahren. Der Strand als Straße! Kein Sonderfall, sondern üblich. Während Plastiktüten überall verpönt sind, wird kaum ein Haus sinnvoll gebaut und Ressourcen, Urwälder, Flüsse gnadenlos zu wirtschaftlichen Zwecken genutzt. Von den katastrophalen Einflüssen der Menschen in den letzten 500 Jahren auf den beiden Inseln muss ich nicht mehr sprechen. In Japan teilt sich nach einem Einkauf das Gekaufte in zwei gleich große Haufen: Der essbare Inhalt und die nicht essbare, nicht gesondert getrennte Plastikverpackung. Für Südamerika trifft dies alles nun noch in viel höherem Maße zu: In Argentinien existiert kein nennenswertes Bewusstsein für Energie-Effizienz, für Müllvermeidung, für Wasserqualität. Wanderer/innen pinkeln etc. überall hin – auch wenn es die Trinkwasserquelle ist, die man damit trifft. Statt schnödem Klopapier, das ja auch mal verrottet, verwendet frau Feuchttücher. Ganze Zeltplätze (sogar ganze Stadtviertel) leiten ihr Abwasser in Flüsse, die weiter unten als Trinkwasser verwendet werden. Wie die Neuseeländer haben die Südamerikaner aus Dummheit/Gier/Unwissenheit Wälder gerodet für Schafe, nur hier treibt der scharfe Wind das bisschen Erde weg und es bleibt Steinwüste – Pampa. Nachwachsen dauert Jahrhunderte, wenn es aufgrund der fehlenden nahrhaften Erde jemals wieder möglich ist. Und wie in Neuseeland sind die größeren Übeltäter die in der Vergangenheit eingewanderten Europäer. Während sich zum Beispiel in Feuerland indigene Völker bei nahezu das ganze Jahr vorherrschenden Temperaturen unter 10 Grad und starkem Wind ohne Kleidung aufhalten konnten und das Land langfristig nutzten und dadurch nutzbar hielten, haben die Einwanderer ihre europäischen Techniken mitgebracht und die Gegebenheiten des Landes ignoriert. Mit den heutigen verheerenden Folgen der Verwüstung.
Gleichzeitig herrscht weltweit Aufruhr wegen Corona. Auf einmal ist alles möglich: Schulen schließen, Veranstaltungen werden abgesagt, ganze Länder abgeriegelt, wirtschaftliche Hilfen für durch diese Maßnahmen in Not geratende Menschen zugesagt. Warum geht das nicht beim Müll, bei der Energiegewinnung und beim Naturschutz auch?
Kleiner Abgesang: Noch ist nicht klar, ob wir wie geplant unsere Abreise am Montag durchführen können. Argentinien riegelt sich nun auch gegenüber Europa ab und beeendet den Flugverkehr „spätestens“ zum Dienstag. Wir fliegen geplant am Montagabend. Wir wissen also gerade gar nicht, was uns lieber wäre – Einreise in ein abgeriegeltes Deutschland ohne Möglichkeit, unsere Reise fortzusetzen (mit allen bürokratischen Konsequenzen für Peter, der aus seinem glücklichen Auslandsdasein sich in Deutschland wieder offiziell anmelden müsste, oder unfreiwilliges Bleiben in Argentinien mit der Möglichkeit, vor dem ganzen (medialen) Irrsinn und der unglaublichen Panikmache in die Wildnis zu entfliehen?