Zwei Tage später

Ich bin wohl nicht ganz der typische Rügen-Tourist. Obwohl mir die Rundumversorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln auch manchmal vor langen schmerzhaften Rückmärschen gerettet hat. Das Knie feixt und freut sich jedenfalls, wenn es eine der Bimmelbahnen sieht. Dass ich dennoch etwas aus dem Raster falle, sieht man an dem überwältigenden Angebot von Stützstrümpfen jeder Bauart und Läden, in denen Kleidergröße 22 aufwärts überwiegen… das sind die Kurzgrößen ab 44 aufwärts. Dennoch gibt es genug Natur zu entdecken, wenn sie sich auch bisweilen seltsam verkleidet. Gestern war ich bei einer als ‚Kranichtour der anderen Art‘ betitelten Bootsexkursion. Ich habe ja tatsächlich eine Neigung zu Vögeln (ich weiß, das war jetzt kein Höhepunkt meiner Deutschlehrerinnen-Karriere) und bin daher gern aber leider völlig untalentiert mit Fernglas und Bestimmungsbuch unterwegs. Außer Schneehühnern und Schwäne kann ich jedoch nichts richtig zuordnen. Aber ich nutze jede Gelegenheit zur Weiterbildung und habe mit Begeisterung ein Ticket gekauft. Die Fahrt begann um 16.10h und sollte 4 Stunden dauern. Da ist es auch in Rügen schon lange stockfinster, so habe ich Strickzeug eingepackt. Um 15.50 war das Boot wider Erwarten voll besetzt mit Rentnern und Familien mit kleinen Kindern. Drei Einzelgänger hatten wie ich Fernglas und Regenschutz dabei. Die anderen haben gierig auf die Öffnung der Kaffeebar gewartet. Und im Prinzip war es das auch – eine Kaffeefahrt, bei der durch das ununterbrochene Dozieren eines bewundernswert enthusiastischen Kranichexperten die Torten und Currywürste nur umso besser verkauft wurden. Ich hatte Anpassungsschwierigkeiten, das gebe ich zu. Aber mit Strickstrumpf in der Hand hatte ich dann auch zügig Anschluss an ein paar ältere Damen gefunden. Und dann, nach 90 min. Fahrt, kamen die Kraniche. 70.000 Stück machen gerade hier Rast und warten auf günstigen Wind für den Zug nach Afrika. Ein Spektakel! Alle, auch die gierigsten Sahnetortenvernichterinnen, waren stumm vor Begeisterung. Die gerade mal 20 min. dauernde Show war tatsächlich die wirklich lange Hin- und Rückreise wert. Und nett unterhalten und ein paar Vorbehalte abgebaut haben wir auch noch. Und seitdem weiß ich auch, dass Reiher die WC-Enten-Hälse haben und Kraniche gern tanzen.

I am probably not the best adapted tourist to Rügen. You can see that in the stores (more products for elderly people) and in the wonderful net of public transport. They have a huge amount of small locomotives that pull a little train but has wheels. It looks like in a zoo, but still it saves a lot of walking. Also I was suprised to see, that the „a very special tour to the cranes“ was in reality something like a coffee-trip (sorry, I can’t translate that). Everybody apart from three guys and me didn’t have binoculars but were waiting in a queue to get a piece of cake and a cup of coffee as soon as possible. But then: As soon as the boat started, a specialist for cranes started to talk and didn’t stop until we reached a shallow part in the sea. And after 5 Minutes of seeing exactly nothing – the cranes eventually came in droves. 70.000 cranes gather on the shores of eastern Germany to wait for good wind to fly to Africa. It was such a sight! They have to feed the birds by spreading grains on the fields, otherwise they would destroy what is left over of the harvest of the autumn. Everybody was stunned with awe by that beautiful sight. Since then I know, that the cranes like dancing as well. Travelling educates.

Sellin und ich

Sellin und ich

Kraniche

Kraniche

Feld mit Futter

Feld mit Futter

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