Normandie

Im Jahr 2003 musste ich mich zwischen der Bretagne oder Schottland entscheiden. Der Roman Outlander gab damals den Ausschlag für Schottland und dann war die Bretagne für immer vergessen. Nachdem aber nun Großbritannien durch seine zögerliche Haltung bei der Corona-Bekämpfung bis Mitte Juli kaum Reisen ermöglichte, kam fast 20 Jahre später die Idee mit der Bretagne wieder zurück. Und vor der Bretagne liegt die Normandie; da kann man ja mal gleich vorbeifahren. Heute war Tag 1 – ein Tag der Kontraste. Nach einem Spaziergang durch das wunderschöne Rouen fuhren wir ans Meer. Hier landeten die Alliierten und läuteten das Ende des 2. Weltkrieges ein. Ich muss sagen, es ist gut, dass wir das nun machen. In einem Europa, das gewisse Zerfallserscheinungen aufweist, kann man sich gar nicht bewusst genug werden, wie hart eigentlich diese europäische Friedensphase erkämpft wurde von unseren Vorfahren. In St. Marguerite-sur-Mer sind wir beim Strandspaziergang gleich über einen kopfüber im Strand steckenden Bunker gestolpert. Die Gegend war Teil des D-Day, der Landung der Alliierten, um Europa von Hitlers Wahn zu befreien. Der Betonbunker war sicherlich mal oben auf der Klippe und diente der Verteidigung der Küstenlinie – von wem auch immer erbaut. Ich vermute, dass die Erosion die Klippe vernichtet hat und das massive Teil dann heruntergefallen ist, ohne dabei zu zerbrechen. Wer heute die Errungenschaften der EU wegen nerviger Lappalien aufgeben will, sollte hier mal hergehen und sich das ansehen. Wir können so glücklich sein, dass wir ohne Krieg aufwachsen durften. Und wir dürfen nicht vergessen, wieviel Blutvergießen hinter dieser langjährigen Friedensphase seit Ende des zweiten Weltkriegs steckt.

Share

Belgien – Bier, Schokolade und Kletterfelsen

Belgien – noch so ein Ziel, das nicht auf unserer Liste stand. Aber nachdem ja nun die Umstände Großbritannien so lange vereitelt haben, bis die Mücken wieder voll da waren, kann ich ja immer in den Sommerferien sechs Wochen mich zerstechen lassen. Die tollen Monate Mai und Juni sind leider ja vorbei. Also lieber Frankreich und auf dem Hinweg Belgien. Auch da kann man Klettern, was wir in Freyr an der Maas gemacht haben. Die Felsen sehen – wie so oft – auf den ersten Blick genial aus. Riesige Riegel entlang des Flußtales. Endlos lange Routen in Kalk, unglaublich viele Routen und in sämtlichen Schwierigkeitsgraden. Auf den zweiten Blick war es dann doch nicht ganz so einfach, denn viele einfache Routen waren so abgeklettert, dass die Füße von den Tritten gerutscht sind, als würde man auf Schmierseife treten. Wie habe ich den Granit im Harz vermisst! Andere gut klingende Routen waren erst in der zweiten Seillänge anzutreffen, doch die untere war viel zu schwer, sodass diese für uns unerreichbar blieben. Generell war die Bewertung recht undurchschaubar – in mancher 2 wäre ich am liebsten sofort umgedreht und hätte mich hinter einem Baum versteckt, so schwer erschien mir das Zeug. Erst die letzten Routen waren schließlich wirklich lohnenswert und auch annähernd so bewertet, dass wir sie einordnen konnten – aber wir sind dann gar nicht so undankbar am zweiten Tag bei leichtem Nieselregen aufgewacht und weitergefahren Richtung Frankreich. Nicht ohne vorher noch einmal durch Dinant zu schlendern: Hier wurde Adolphe Sax geboren. Und was hat er erfunden? Das Saxophon. Was man an jeder Ecke in der Stadt sehen kann. Wichtig vor Ausreise nach Frankreich war auch, noch einmal einzukaufen: Belgien macht nämlich spannende Biere und berühmte Schokolade. Hier laufen die Testreihen aktuell noch. Nur so viel: Ein Leffe-Bier mit Holundersaft und -aroma und Waldfruchtgeschmack ist heute durchgefallen. Die anderen waren bislang recht lecker…

Share

Zu Besuch im … Hambacher Forst

Als mittlerweile alter Öko habe ich den Streit um den Braunkohletagebau in NRW natürlich verfolgt und das unsinnige Kohle-Abbauen von der geheizten Couch aus verteufelt. Wie groß und entsetzlich der Tagebau allerdings ausfällt (und welch Mückenschiss die paar Urwaldreste gegen das 85 km2 große Loch darstellen), konnte ich mir allerdings nicht vorstellen. Wir kamen eh vorbei, haben angehalten und erschüttert hineingeguckt in das 400 m tiefe Loch. Pfui Deutschland! Bilder können diese Katastrophe nur unzureichend abbilden. Reisen bildet!

Das bisschen Grün des Hambacher Forsts versteckt sich links am Rand

Share

Harz rocks

Ich wollte schon immer mal in den Harz. Also genau genommen ist das eine Lüge, aber im Zuge der Corona-Plan-Änderungen war dann der Harz ein lohnendes erstes Ziel, nachdem Niedersachsen recht früh schon auch Reisenden aus anderen Bundesländern und in Autos ohne sanitäre Anlagen an Bord die Bahn frei gemacht hat. Im Harz gibt es den Brocken und es gibt Granit. Zum Brocken wollte ich schon immer mal und Granit finde ich auch toll.

Marienwand

Wir haben dann festgestellt, dass der Harz alles hat und ist, was man sich so auf einer Weltreise mühsam mit großem CO2-Abdruck erarbeiten kann. Es gibt wilde Absicherungen beim Klettern, also nahezu keine. Neuseeland lässt grüßen. Es gibt Argentinier, die dieselbe argentinische Musik ebenso lautstark hören wie Argentinier in ihrer natürlichen Umgebung. Wir haben es sofort erkannt und das Weite gesucht.

Drei um die Ohren geschlagene Nächte haben für immer gelangt. Unser Wahl-Übernachtungsplatz hatte leider recht dünne Abwasserrohre, sodass schon überall Schilder hingen, dass man vorsichtig mit dem Toilettenpapier sein soll. Hat nichts gebracht – nach Nacht zwei war das Klo komplett verstopft und die nette Dame hat die Dinger verschlossen. Ihre aufmunternden Worte: „Geht da in den Wald!“ haben mich nicht überzeugt, denn der Campingplatz lag mitten im Dorf. Und – zu unserem Entsetzen – haben wir am Brocken in der Nähe von Torfhaus bei einer Übernachtung am Berg entdeckt, dass der Harz auch ein guter Ersatz für Schottland ist. Es gibt nämlich Midges – Gnitzen! Wir waren entsetzt und sind schnell wieder in trockenere Ecken gereist. Das klingt jetzt alles echt ein bisschen irr, aber im Großen und Ganzen war es eine richtig coole Gegend und da würde ich gern wieder hin. Sowohl der Brocken als auch die Felsen waren super!

Share

Mann und Maus – am Goldbergsee

Auch Coburg hat beeindruckende Seiten – neben unserem Garten und diversen anderen Grünflächen sind die Itz und der Goldbergsee zu aktuellen Objekten der Begierde vor allem von Peter geworden. Aber nicht nur von Peter: Auch das Kind hat sich anstecken lassen und photographiert nun mit meiner alten Kamera mit großer Begeisterung und völlig beratungsresistent stundenlang überwiegend verschwommene Gartenvögel oder Schnecken in Großaufnahme. Der eine oder andere Eisvogel war allerdings auch schon dabei, was dann allerdings schon eine tolle Entwicklung ist. War ich schließlich beim Anblick meines ersten Eisvogels, von dem ich mehr wahrgenommen habe als einen blauen Blitz, 43 Jahre alt. Das Kind war sieben.

Share

Buddeln, bauen, bohren

17. Mai – zwei Monate Heimurlaub sind vorbei. Vor zwei Monaten sind wir früh völlig übermüdet in einem im Katastrophenmodus befindlichen Land aus dem Flieger geklettert. Seither hat sich vieles geändert – das meiste zum Positiven.Today we have been back in Germany for two months. Two months ago we scrambled out of a plane in Frankfort to find ourselves in a stricken country. But since then things have changed a lot and mostly to the better.Die Treppe hinter dem Haus hat Gestalt angenommen. Zentrales Bauteil war – neben den alten Balken des alten Schuppens – ein 5m langes, 40 cm breites und 4 cm starkes Brett von einem lokalen Baustoffhandel. Gekauft an Tag 1 der Wiedereröffnung für Privatkunden.One of our best ideas was to construct new stairs for the new door behind the house. The fairly straight forward plan contained a quite complicated to get wooden board, which we couldn’t buy anywhere during lockdown. On day 1 of the opening of a certain hardware store in our neighbourhood we bought a 5 m long, 40 cm wide and 4 cm thick wooden board and then it was easy. I am very proud and it looks stunning.Das Wohnzimmer ist bezugsfertig, nachdem wir Tapeten ab, Kabel raus, Kabel rein gemacht haben und Laminat raus, Teppich raus, Bleistifte raus, Verlegeboden raus, Nägel tief rein gehauen haben und der Parkettschleifer eine Sonderschicht eingelegt haben. Die Verwandlung sieht auf den ersten Blick nicht nach viel aus, aber es ist ein ganz anderer Raum….The living room is suddenly finished and ready for the furniture to be moved inside. There was lots of driving to the dump, which only took boot-loads during lockdown. Last weekend a guy came to give the old wooden floor a makeover and now it is fabulous! Just as good as before….Der Hang steht noch – aber er wird weniger. Fünf halbe Tage graben haben schon ein gutes Stück an ihm genagt. Nun kommen noch die sonstigen Kleinarbeiten wie: Zementsäcke hochtragen, Bewehrung hochtragen, Schotter hochtragen usw., bis es dann am Schluss heißt: 9 Tonnen Sandsteine – hochtragen. Aber wir sind guter Dinge, dass es am End was wird mit der Hangabsicherung, wenn wir zuletzt auch sicherlich wie Ameisen aussehen werden.The hill behind the house is still there – but it seems to yield slowly. We have been digging for five half days and have almost managed to remove the surplus soil of one third of it. Now there is only some more digging, some more carrying up of cement, rubble, dirt and in the end 9 tons of sandstone to build the wall, which hopefully will contain the hill forever. We will look like ants and have muscles like Hulk in the end….

Ich bin vielleicht dann doch endlich gesund. Drei weitere Arzttermine und eine Mischung diverser Therapien haben dann doch mal zum Erfolg geführt – und es ist nichts, was nicht auch in den ersten zwei Wochen in Neuseeland hätte funktionieren können. War halt einfach Pech – ziemlich genau sechs Monate hat es dann doch gedauert.I guess, or rather hope, that this time I have really regained my health again. It took three more visits to specialists and a weird combination of treatments to fix my problems – hopefully for ever now. It would have been very easy to manage this in New Zealand as well. Just bad luck, I guess. Six months in total last week….Und langsam keimt neben den ersten Gemüsepflänzchen die Hoffnung auf eine Öffnung der europäischen Grenzen in absehbarer Zeit, sodass wir das Gießen jemand anderem übertragen können und noch einmal wegfahren können. Mal sehen!And while watching the first small seedlings grow in the vegetable patch, the international news are getting more and more optimistic. It looks as if in a couple of weeks it might be possible to resume our travels. We will have to find someone else to water the courgettes and pick all those berries or simply come back from time to time. It would be just in time!

Share

Dahoam is a schee

Corona sei Dank dürfen wir renovieren. Nachdem die ersten Tage etwas hektisch waren (die Baumärkte haben sie nach Tag drei unseres Deutschlandaufenthaltes geschlossen), haben wir uns mittlerweile aufs Renovieren eingeschossen. Der Tagesablauf ist ungleich entspannter als auf Weltreise und auch zu Arbeitszeiten: Wir schlafen aus, Peter erjagt etwas beim Bäcker, dann wird bis zum frühen Nachmittag geschafft und der Rest gehört der Freizeit. Wobei Freizeit schon tatsächlich die ersten zehn Tage eher bedeutete: Wie organisieren wir die Rückkehr in den Alltag, der ein total neuer Alltag ist? Nun haben wir aber Grundnahrungsmittel beisammen, Klopapier gab es in der Zwischenzeit auch einmal, Hefe haben wir ebenfalls bekommen und sogar mittlerweile ganz normale Nudeln, nachdem es am Anfang nur Lasagne gab.

Das Klopapierregal

Bislang also geht es hier ganz gut, was eben vor allem an der wirklich sinnvollen Aufgabe der Altbausanierung liegt. Ich bin heilfroh, dass wir das nun gerade Vollzeit (bzw. in Teilzeit) machen können und nicht wie die letzten zwei Jahre neben der Arbeit am Wochenende oder am Nachmittag. Somit geht es auch gut voran: Der Werkraum ist einsatzbereit, der „Partykeller“ zum Schlafzimmer umfunktioniert, das Arbeitszimmer eingeräumt und sogar das Kind hat endlich ein eigenes Zimmer. Aktuelle Baustelle ist Zimmer Nr. 5 – mein Zimmer.

Vorm Randalieren

Dieses ist – ebenso wie die anderen Zimmer – an der Außenwand mit Styropor verklebt, es gibt ein wildes Sammelsurium an Dübeln zu entdecken, angefangen von normalen Dübeln über Holzdübel, Silikonpfropfen und wilden Kombinationen davon. Die Tapeten gingen dank eines Dampfgeräts makellos schnell ab und außer einem zweiadrigen Stromkabel, an dem seit fünf Jahren meine komplette Technik hing, und einem unerwarteten Telefonkabel plus zwei oder drei nicht verwendeten Satellitenkabeln sind keine unbekannten Groß-Schäden aufgetaucht. Soweit also ganz gut: Nach drei halben Arbeitstagen sind alle Tapeten ab und die neuen Elektrodosen schon gebohrt. Nun noch schlitzen, Kabel einlegen und befestigen und dann kann der Verputzer fast schon kommen.

Daneben gibt es all das nachzuholen, was wir vor dem Sabbatjahr nicht mehr geschafft haben – zum Beispiel Vorhangstangen zu installieren. Ich habe mich dabei heute in meine Jugend zurückversetzt gefühlt. Es begann mit Fragen wie „Wo sind denn die Dübel?“ „Wo ist denn der Hammer?“, dann stand der große Handwerker auf der Leiter und hat festgestellt, dass das Kabel zu kurz ist („Hast du eine Verlängerungsdose?“) und dann, dass das Lineal fehlt (ebenfalls von auf der Leiter). Nachdem ich also das dritte Mal ans andere Ende des Hauses gerannt bin, um irgendein fehlendes Werkzeug zu besorgen, ist mir etwas gedämmert: Es heißt ja immer, dass Frauen unbewusst einen Mann suchen, der ihrem Vater ähnelt. Ich bin mir seit heute sicher, dass es da gewisse Verbindungen zwischen Peter und meinem verstorbenen Vater gibt, der allerdings im Gegensatz zu Peter unter seinen zehn Fingern bestimmt vier linke Daumen hatte. Aber das Bild von meinem Vater, wie er auf der Leiter stehend nach Werkzeug ruft, hab ich jetzt wieder lebhaft vor Augen. In jedem Fall hängt jetzt die Stange und wir haben einen Vorhang!

Share