Seit dem Jahr 2003 stand es 1:0 für Schottland, seitdem habe ich nie mehr ernsthaft darüber nachgedacht, nach Frankreich zu fahren, um länger Urlaub zu machen. Auch wenn ich nach wie vor sehr traurig bin, dass Corona mir meine fünf Monate Schottland vermiest hat, ein bisschen muss ich diese Meinung doch revidieren, auch wenn die allgemeinen (also meine allgemeinen) Vorurteile teilweise stimmen: Zu viele Menschen, zu eng bebaut, zu heiß, zu schwierige Kommunikation. Zu viele Menschen gab es eindeutig auf Mont St. Michel, dem im Meer liegenden Kloster, das eigentlich ein gigantischer Freizeitpark ist. Dennoch: Der Besuch war nicht schlecht, das Bauwerk definitiv sehenswert.

Zu eng bebaut war es im Norden definitiv auch, was sich an einem Campingplatz zeigte, den man zweimal bezahlen musste: Nachts bis um 10 Uhr morgens zum Übernachten und dann noch einmal von 10 Uhr morgens bis abends um 18 Uhr. Zu heiß ist es in der Bretagne nicht, zumindest kann man seine Kletterfelsen ja so wählen, dass je nach Wind/Sonne das Klima erträglich ist. Und ja – Französisch ist mir 25 Jahre nach erfolgreicher Ablage meines Französisch-Leistungskurses (mit 13 Punkten wohlgemerkt!) leider fast völlig entfallen. Das aber ist nahezu nie ein Problem – sobald ich radebrechend an der Rezeption, hinter dem Mundschutz versteckt, versuche zu vermitteln, dass wir eine Nacht bleiben wollen, fangen die immer netten Empfangsmädels und -jungs sofort auf Englisch an, mir zu antworten. Es geht so weit, dass ich mittlerweile (nach vier Wochen Übungszeit) fast ein bisschen angefressen bin, wenn man mir nicht auf Französisch antwortet. An dem Klischee, dass Franzosen keine Fremdsprachen sprechen, ist jedenfalls im Norden nicht mehr viel dran. Generell haben die Franzosen eine tolle Art, mit Campern umzugehen: In ländlichen Gegenden und teilweise auch in Premiumlagen gibt es sagenhaft günstige Camping municipal, quasi kommunale Plätze, in Bestlage und durchaus mit für uns ungewohntem Komfort: Für 10 Euro pro Nacht für zwei Personen mit Auto haben wir bereits Schwimmbäder, Hähnchenbuden, heiße Duschen und Stromanschluss bekommen. Es ist also ein deutlich positiveres Erlebnis, als ich das erwartet hätte. Besonders gut hat sich allerdings gezeigt, dass Genie und Wahnsinn teilweise nur ein paar Meter auseinanderliegen: Auf der Halbinsel Crozon am Atlantik kann man auf ein paar läppischen Wegen ein bisschen auf einer recht großen, ebenen Landzunge mit Steilküste und ein paar Bunkern herumwandern. Das führt zu einem unglaublichen Gedränge auf den mageren Parkplätzen und den paar Metern Weg, die man da im Kreis herumlaufen kann. Geht man, richtig ausgerüstet, um einen der Felsköpfe herum, kann man sich in makellosem Quartzit die Kletterrouten nach Sonne, Schwierigkeit, Wind aussuchen, während man 100 m unterhalt des Tumults neben den Wellen steht und völlig alleine ist. Zumindest bis man oben in bester Staffelberg-Manier wieder aussteigt und sich völlig überraschten Gesichtern gegenüber sieht. So hatten wir also eine wunderbare Zeit in einer tollen Landschaft, wenn wir es geschafft haben, der Meute zu entkommen.

Cap Fréhel

Camping Municipal am Strand

Nicht der Meerkohl, wegen dem wir fast aus dem Naturschutzgebiet gewiesen wurden (was wie ein Weg aussah, war die Begrenzung für den Schutz des seltenen Gemüses)

Vögel auf Ouessant? Gab es wenige, dafür der Leuchttürme (und Blumen) viele

Eine von vielen Millionen

Kletterfelsen bei Crozon, einer Halbinsel am Atlantik

Corona-Prävention ist allgegenwärtig, man muss Masken tragen und spielen geht auch noch nicht!

Camaret sur Mer – ein bisschen totes Dorf auf Crozon. Aber hübsch!

Share